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Faszinierend: ein Körper im Körper

Jetzt wissen wir es ganz genau: Falten, Runzeln und Cellulite sind ein Machwerk unseres zweiten (!) Körpers. Ja tatsächlich, wir haben nicht nur einen Körper – sagt heute die Wissenschaft! Zumindest ein zweiter durchzieht den ersten mit einem feinmaschigen Netz, wie ein hautenger Neoprenanzug. Und … steigt in diesen Tagen gerade in den Olymp der medizinischen Anerkennung auf. Das Bindegewebe, in Fachkreisen auch als Faszien bekannt, rückt ins Rampenlicht von Schmerz und Co. Dort spricht man von einem ‚neuartigen Kommunikationssystem des Lebens’ vom ‚Geflecht der Gesundheit’ ohne Anfang und ohne Ende.

Faszinosum Faszie

Meine Faszination für die Faszien hat 2009 in dem Moment begonnen, als ich zum ersten Mal die legendäre ‚Fuzz-Speech’  von Dr. Gil Hedley im Rahmen meiner Yogalehrer Ausbildung an der Knoff Yoga School in Australien gemacht hab. Mit einer gewissen Gänsehaut sah ich, wie dieser schräge Vogel den Prozess der Verfilzung von Faszien und ihre fatale Auswirkungen live am menschlichen Körper mit einer durchaus ungewöhnlichen Begeisterung erklärte.

Verpackungskünstler und Distanzhalter

Später sind mir die Faszien unweigerlich und ständig, sogar als Körper in meinem eigenen Körper, über den Weg gelaufen. Bildhaft könnte man sich die Faszien auch als Plastiksackerl, oder wie eine Küchenfolie vorstellen, die alle Muskeln, Organe, Knochen u.s.w. einhüllen. Dieses Bindegewebe existiert in vielerlei Form und Beschaffenheit. Merkwürdige weiße Fasern, die alles umschließen, damit sich nirgendwo im Körper Knochen oder Muskeln berühren sondern alles schön auf Distanz gehalten wird.

Verflixt, verfilzt

Und wir haben’s befürchtet: Bindegewebe kann auch weh tun, richtig krank werden, wenn es nicht mehr ordentlich rutscht und flutscht, weil es z. B. aus Bewegungsmangel, verpickt ist. Man sagt ihm sogar nach, dass es bei Stress, unabhängig von den Muskeln, verkrampfen kann. Viele Krankheiten werden im Moment mit dem universalen Netzwerk der Faszien in Verbindung gebracht: Rückenleiden, Rheuma und sogar Krebs. ‚Frozen Shoulder’ und ‚Maus-Arm’ sind bekannte Phänomen der Generation PC. Als weitere vermutete Zeichen von Bindegewebs-Defiziten gelten: Krampfadern, nächtliches Zähneknirschen, Darm- und Lungenleiden, Hüft- und Kniebeschwerden, Rheuma …

Köstliche Dehnung

Aber es gibt Hoffnung gegen den Filz: DEHNUNG ist das Zauberwort! Regelmäßige Bewegung und mechanische Reize wirken der Faszien-Verklebung wunderbar entgegen. Wobei es nicht um die monotone Wiederholung von ewig gleichen Bewegungen geht. Sondern darum – und das bringt uns nun definitiv in die Kompetenz des Hatha Yoga –, den ganzen Körper immer wieder intelligent durchzuarbeiten, keinen Muskel auszusparen. In vielen yogischen Körperpositionen (Asanas) werden große Faszien ganz selbstverständlich langsam, sanft und lange gedehnt.

Mit der ‚Zange‘ gegen den schmerzhaften Rücken

Sweet Pain of Change’ heißt das in Insider-Kreisen um YOGA Meisterin Nicky Knoff. Manchmal spricht sie fast zärtlich vom ‚delicious stretch’, um den YogaschülerInnen das Halten der jeweiligen Asana erträglicher zu machen. Eine sehr beliebte Position, um die Faszien rund um die Oberschenkel und die Lenden zu stimulieren ist die Vorwärtsbeuge im Sitzen. Yoga-sprachlich Paschimottanasana und auf deutsch manchmal auch als ‚Zange’ bezeichnet. yogabi02

Nun, nicht unbedingt die aufregendste Übung mit der man den Sprung auf die Titelseite des Yoga Journals schafft, aber aus der Faszien-Perspektive großes Potenzial zur Heilung rund um den unteren Rücken.

Bewegung gegen die Verklebung

Die nun wissenschaftlich nachgewiesene positive Wirkung von regelmäßiger Bewegung auf das Bindegewebe-Netz erklärt jetzt, warum im Knoff Yoga die positive Wirkungsdauer der Yogaübungen mit 3 – 4 Tagen beziffert wird. Der Intervall zwischen der Yoga-Praxis soll nicht länger sein, meint auch James Bryan – Senior Teacher an der Knoff Yoga School in Carins, Australien – , damit der Körper in seiner Geschmeidigkeit und Kraft dort weitermachen kann, wo er beim letzten Mal aufgehört hat, und nicht jedes Mal wieder bei der Stunde Null beginnen muss.

Im Atmen liegt die spannende Lösung

Zellen des Bindegewebes können sich bei achtsamen, langanhaltenden Streckübungen deutlich verändern. Ebenso ist die Wirkung auf die Gewebespannung und außerdem werden Botenstoffe freigesetzt, die sowohl den Schmerz als auch Entzündungen lindern können. Wenn was weh tut, ist es also gut zu wissen, dass es Yoga Stile wie das Iyengar Yoga, Knoff Yoga u. a. gibt, wo die Körperübungen mehrere Atemzüge gehalten werden… nur so sind die wohltuhenden Impulse an das Faszien-Netz gewiss. Tief Atmen und in Geduld üben! Oft beginnt sich der Filz erst am Ende des Ausatmens leise zu lösen… Ist das Bindegewebe seidig und saftig, ist es zufrieden und so ist es der Mensch.


 

Theorie und Praxis

Wer mehr darüber wissen möchte, ob und wie unter anderem YOGA gegen Schmerzen hilft, liest die Titelgeschichte ‚Der innere Halt’ im GEO Magazin 02/15 oder kommt in meinen YOGA Unterricht. Da kann man die ganze Theorie gleich am eigenen Leib ausprobieren – das geht wie immer auch in diesem Fall über studieren 😉

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